Schon im vergangenen Jahr hatten wir vor, die Ostsee mit unserer Anwesenheit zu beglücken. Nachdem unser Fahrzeug aber ein wenig muckte, blieben wir damals am Stettiner Haff hängen.
So sollte diesen Sommer diese Lücke der Reiselandkarte gefüllt werden.
Von ganz ordentlichen Wetteraussichten und einigen Tagen Freizeit angestachelt, wurde Betsy aufgetankt, beladen und los ging`s in Richtung Nordost.
Dass wir uns in der letzten Berliner Ferienwoche auf den Weg machten und bekanntermaßen halb Berlin den Sommer an der Ostseeküste verbringt, störte uns nicht weiter in unserer Vorfreude…
Als erstes Ziel war schnell Wismar festgelegt, da der Lenker des rollenden Heims diese Stadt schon lange auf dem „Besichtigungswunschzettel“ hatte. Um Sitzfleisch und Geduld von Frau und Hund nicht gleich am ersten Tag überzustrapazieren, legten wir einen Zwischenstopp in Pritzwalk ein. Hier bietet die Stadt nahe zum Freibad einen schön gepflegten Parkplatz mit 6 extra ausgewiesenen Wohnmobilplätzen an. Dieses Angebot nutzten wir natürlich gerne und verbrachten eine ruhige Nacht, gefolgt von einem schönen morgendlichen Spaziergang durch den angrenzenden Wald zum Freibad und zurück.
Anstelle eines Frühstücks machten wir uns auf den Weg nach Wismar und beruhigten das nun doch langsam aufkommende Magengrummeln durch reichlich Meeresgetier frisch vom Wismarer Hafen…
So gestärkt zogen wir dann unsere Kreise einmal quer durch die Altstadt dieser altehrwürdigen Hansestadt, die bereits im 10. Jahrhundert als slawische Siedlung entstand.
Die schönen schmalen Straßen der Altstadt mit ihrem Kopfsteinpflaster beherbergen einige wunderschöne alte Backsteinhäuser. Die Fußgängerzone rund um den Marktplatz ist leider wie überall in fester Hand der allseits bekannten Mode- und Fastfoodfilialisten.
Das tat aber dem schönen Spaziergang keinen Abbruch, der Rückweg zum Wohnmobilparkplatz führte uns noch durch den Stadtpark, der mit seinen alten Bäumen und Wasserläufen fast vergessen lässt, dass direkt nebenan der städtische Tourismus auf Hochtouren läuft.
Durch das massive Menschenaufgebot in der Stadt war nun auch uns endlich klar, dass wir wohl tatsächlich nicht die Einzigen waren, die in dieser letzten Augustwoche den Weg an die Ostsee gefunden hatten.
Aber weshalb sollten wir nicht dennoch einen ruhigen einsamen Platz zum Übernachten finden?
So machten wir uns (noch) guten Mutes auf den Weg, in westlicher Richtung an der Küste entlang ein Plätzchen für unsere Rumpelhütte und uns aufzutreiben…
Dass auf der Insel Poel kein einsames Fleckchen zu finden war, überraschte uns nicht allzusehr, das regelrechte Verkehrschaos zwischen Timmendorfer Strand und dem Übergang zum Festland bei Fährdorf ließ allerdings erste leichte Zweifel an der zu erwartenden Auswahl an Nachtlagern aufkeimen.
Weiter an der Küste entlang erwiesen sich denn auch mehrere „Geheimtipps“ von Facebookfreunden als ferienuntauglich. Der ein oder andere Platz ist außerhalb der Saison sicher toll, aber das half uns nun akut nicht weiter…
Eine der Empfehlungen war der Parkplatz an der Teufelsschlucht, der uns allerdings mit einer Parkplatzordnung sehr germanischer Natur empfing und noch dazu irgendwo zwischen Paragraph 34 und 49 darauf verwies, dass Übernachten verboten sei, Wohnmobile jedoch für 8€ / Tag parken dürften und spätestens morgens um 8:30 den Platz verlassen müssten oder so ähnlich.
Da wir ausnahmsweise gerade heute keine große Lust verspürten, die ganze Nacht kostenpflichtig um das Wohnmobil zu spazieren, entschieden wir uns für die Weiterfahrt.
Allerdings nicht, ohne ein Auge auf den tollen Ausblick auf die unterhalb der Schlucht ruhende Ostsee zu werfen, die von unserer langsam aufkeimenden Verzweiflung vollkommen unbeeindruckt schien.
Kurz vor Rostock landeten wir dann endlich auf einem Parkplatz, der überwiegend von Einheimischen genutzt wird und immerhin gegen 20:30 eine genügend große Lücke anbot, in die unsere Betsy sich keuchend zwängte und diesen Platz zum Nachtlager erklärte.
Die abendlichen Stunden am Strand waren immerhin so menschenreduziert, dass die Ostsee uns als wunderschöne Kulisse für das selbstgegrillte Abendessen diente.
Während der doch recht unruhigen Nacht auf dem noch immer gut gefüllten Parkplatz fiel der Entschluss, das Experiment „einsam an der Ostsee trotz Ferienzeit“ wegen unerklärlicher Hindernisse abzubrechen 🙂
So zogen wir unseren mittlerweile sehr liebgewonnenen „Landvergnügen“-Katalog zu rate und machten uns auf den Weg ins mecklenburgische Hinterland in der Hoffnung, dass die meisten Urlaubsfliegen an der klebrigen Ostseeküste hängengeblieben sein mochten.
Kaum getrocknet vom anschließenden Bad in der See waren wir dann wieder unterwegs auf der Suche nach Ruhe und Einsamkeit.
Und nachdem wir einige Pflasterstraßen hinter uns gebracht hatten, die kurz nach ihrer Fertigstellung sicherlich schon den ein oder anderen Pferdewagenführer ein paar Nerven gekostet hatten und die vorbereitende Entschleunigung durchgeführt war (Geschwindigkeiten jenseits der 3 km/h werden absolut überschätzt…), erwies sich das Hofgut Rosengarten in Stechow als perfekter Rückzugsort für Ruhesuchende.
Vom Gutsherrn sehr freundlich begrüßt und auf ein Feld außerhalb der Sichtweite von Haus und Hof gelotst, standen wir nun da und genossen den weiten menschenfreien Blick über die Mecklenburgische Parklandschaft, nur „gestört“ von zwei Rehen am gegenüberliegenden Waldrand.
Und wieder einmal hatten wir uns selbst eindrucksvoll bewiesen, dass wir alle zusammen menschenmassenuntauglich und am besten in weitgehend unbewohnter Natur aufgehoben sind 😉
Am nächsten Vormittag bewachte die Hundedame unser mobiles Haus und die beiden Menschen schlossen sich dem Hofherrn an, um das Hühnerleben in mobilen Bioställen genauer unter die Lupe zu nehmen.
Sehr interessant, die Abläufe und Technik in den komplett autark funktionierenden Ställen erklärt zu bekommen. Neu war uns unter anderem, dass sich die Hühner bei beginnender Dunkelheit von selbst in die Ställe zurückziehen und von den automatisch schließenden Ställen geschützt werden. Wir erfuhren aber auch, dass ein anschließender Rundgang dennoch Sinn macht, um nicht ungebetene Gäste ebenfalls im Stall einzuschließen (Ein Kollege soll schon mal morgens einen kugelbäuchigen Fuchs im Stall angetroffen haben).
Ebenso neu war uns, dass Hühner in den hier großzügig vorhandenen Freigehegen nicht nur scharren, sondern tatsächlich Löcher buddeln, auf die so mancher Hund neidisch wäre.
Das absolute Highlight für uns Großstädter war allerdings dann das Einsammeln der frisch gelegten Eier direkt aus den Ställen und teilweise unter den Hühnerhintern weg. Nachdem wir erfolgreich dem ein oder anderen Pickversuch ausgewichen waren, wurden wir noch mit einigen Eiern beschenkt, die aufgrund der Übergröße nicht zum Weiterverkauf geeignet waren. So war auch das leckere Frühstück gesichert 🙂
Die hier produzierten Eier werden nicht nur auf verschiedenen Wochenmärkten vertrieben, die Betreiber zaubern daraus auch hervorragenden Eierlikör und Baisers, so mussten wir selbstverständlich vor der Weiterfahrt noch dringend unser Vorratslager auffüllen 🙂
Für unseren Heimweg entschieden wir uns für einen Zwischenstopp in der Mecklenburgischen Seenplatte, kannten wir doch hier von unserem Ausflug im vergangenen Jahr eine gute Fischräucherei und einen ruhigen Wanderparkplatz direkt am See.
Und so landeten wir um eine deutliche Erfahrung und viele schöne Eindrücke reicher wieder wohlbehalten in der Großstadt, die uns überraschend ruhig erschien.
Ob die wohl alle noch an der Ostsee waren? 😉
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